Jakobsweg

52. Wandertag

Auf dem Weg nach Astorga. Heute bin ich total hoffnungslos. Der Widerspruch zum Gottvertrauen, der diesen Zustand eigentlich ausschließt, baut zusätzlichen Druck auf. In dieser Situation nicht gerade hilfreich. Gestern eine halbe Stunde mit Paul telefoniert, aber so richtig geholfen hat das auch nicht, auch wenn er es sehr gut mit mir meint. Seit drei Tagen geh ich an diesen beschissenen Straßen entlang. Gute Stimmung will da nicht aufkommen. Andererseits ist es erst 8.38 Uhr in der Früh. Da sollte man den Tag noch nicht aufgeben. Was mir gestern in dem Telefonat mit Paul noch mal klar geworden ist: Was ich beruflich danach mache, ist bei mir gar nicht auf der Tagesordnung. Ich stelle mir die Frage gar nicht. Innerlich schein ich mich damit arrangiert zu haben, dass es wieder in den Bereich Arbeitsrecht zurückgeht. Ist nicht das Schlechteste.

Einen Wunsch habe ich aber für heute: Ich will das Gaudi-Haus von innen sehen.

»Mein lieber Doktor Watson.« Was waren das für schöne Stunden, in denen ich die Sherlock Holmes-Romane verschlungen habe. Hatte auch sogleich abgefärbt. Eine viktorianisch heile Welt. Oder Katzenkönig Mauzenberger. Auch ein Goldstück in meiner Erinnerung. Mal überlegen, was noch. Diese eine TKKG-Geschichte im Feriencamp. Was noch? Janoschs Traumstunde natürlich. Aber das war Fernsehen.

Frisch voran, mon capitain. Astorga wartet und die Gegend wird wieder lieblich und unberührt. Ein neues Spiel will gewagt werden. Schokolade muss probiert werden.

Ich wünsche grade, dass ich alle Beschwerlichkeiten schon hinter mir hätte und ich nur noch in Ruhe und Frieden leben könnte. Technisch natürlich nicht durchführbar. Aber ich bin doch nicht allein. Heute wünsch ich mir ein Wunder, wie auch immer das beschaffen sein mag.

Die Liebe lässt uns verrückte Sachen machen. Sie verschiebt auf einen Schlag fest verankert geglaubte Prioritäten. Schon erstaunlich, wie wir immer wieder danach handeln. Im Übrigen zwischen Maisfeldern im Endspurt nach Astorga.