49. Wandertag

Auf dem Weg von Bercianos del Real Camino nach Mansilla de las Mulas. Ich habe vor ein paar Tagen mal gesagt, dass ich nicht träumen würde. Aber das stimmt nicht. Letzte Nacht habe ich geträumt und die Erinnerung ist noch da. Ich war auf einer Versammlung und eine Art Moderator hat gefragt, ob man alle Institutionen in Deutschland abschaffen könnte. Ich habe dann aus der Menge heraus geantwortet: Überwiegend ja. Dann hat mich eine Frau spöttisch unterbrochen. Ich habe dann erklärend ausgeführt, dass der Bundespräsident nicht entmachtet werden könne. Bundeskanzler jedoch können auf zwei Wegen »entmachtet« werden. Entweder stellt der Bundeskanzler selbst die Vertrauensfrage. Wenn er bei der folgenden Abstimmmung nicht die nötige Mehrheit erhält, finden Neuwahlen statt. Zweitens kann ein Misstrauensvotum stattfinden. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages. Ist die Hürde genommen, finden ebenfalls Neuwahlen statt. Darüber hinaus können selbst Grundrechte mit Zweidrittelmehrheit geändert werden. Die Ausnahme ist natürlich Artikel 1 und, ich glaube, Artikel 19 des GG. [Stellt sich natürlich die Frage, ob auch alle Artikel zur Staatsorganisation geändert werden können.] Na, jedenfalls kann ich mich an die Reaktion der Frau nicht mehr erinnern. Aber interessant, wie man das im Traum so schnell herleiten kann. Muss nicht alles stimmen übrigens. Der Traum veränderte sich danach vollständig und wurde eine schwammige Angelegenheit. Ich kann mich vage erinnern, dass ich mit Ann-Catherine und einer Gruppe Pilger unterwegs war und wir abgewogen haben, ob wir eine Herberge nun reservieren sollen oder lieber doch nicht.


Ansonsten probier ich mich grad durch das spanische Süßgebäck durch. Cake Santiago. Echt süß, schmeckt nach Mandeln und Marzipan. Himmlisch. Und jetzt so eine Art halbfestes und heißes Törtchen. Da steigen die Geister. Gestern in der Albergue (donativo) gemeinsam gekocht, was immer Spaß macht. Hab fast 'nen halben Sack Brot geschnitten. Die Linsensuppe war dann aber doch ganz karg. Fast keine Wurst abbekommen. Davor Salat, danach entweder Apfel oder Orange. Heut morgen dann kalter Kaffee, aber immerhin leckere Hartkekse.


Ich hab das Gefühl, dass sich meine Reise langsam dem Ende zuneigt. Ich lauf das Ding zu Ende, aber es sind keine großen Fragen mehr da, die mich beschäftigen. Was kommt danach? Ich glaube nicht, dass für mich die Frage hier in Spanien beantwortet werden kann. Die Antwort wird in Deutschland auf mich warten. Und dann die große Variable: Kann ich das zarte Gottvertrauen, welches ich hier gewonnen hab, nach Deutschland nehmen? Es hinüberretten? Liegt die Antwort darauf nicht im Gottvertrauen an sich? Ich mach die Lichter an, stell die Bierflaschen in die Kisten, leer die Aschenbecher und feg einmal durch. Reinschiffmachen. Zeit für was Neues. Warum eigentlich nicht?

 

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