35. Wandertag

Auf dem Weg von Zubiri nach Pamplona, vielleicht auch Cizur Menor. Ich spür schon den Zauber wieder, von dem ich geneigt bin, ihn als Kitsch abzustempeln. Aber der Camino ruft wieder in der Art und Weise, dass sich alles vermeintlich wunderbar zusammenfügt. Mal ganz am Rande bin ich sicher, dass ich gestern von Bettwanzen heimgesucht wurde. Ich hab diese scheiß Viecher heut morgen sogar auf meiner Matratze rumkrabbeln sehen. Was will man da machen? Aber jedenfalls ab davon gestern angenehmen Abend mit den zwei holländischen Mädels im »Valentin« und im Restaurant an der Hauptstraße gehabt. Ansonsten latsch ich hier rum. Israelische Gabriela getroffen. 23. Wunderbar. Bestester Galgenhumor. Null Sinn für Romantik. Was will man da mehr? Das ist halt auch die Sache: Der Input kommt so komprimiert, dass man mit dem Schreiben gar nicht hinterherkommt. Also alles ganz fabelhaft. Fühlt sich immer noch nach der richtigen Entscheidung an. Waldpfad ist grad ein bisschen holprig. Wenn ich mir Sam und Laura anschaue, versteh ich die Mädels manchmal nicht. Banalste Ratschläge, die so für sich genommen gar nicht funktionieren können (Sam an Laura) werden mit Lächeln und Kopfnicken (Laura an Sam) als richtig abgesegnet. Dann lieber knackige und schonungslose (und vor allem ohne viel Gelaber) punktgenaue Kommentare mit dem Irish Bastard. Schon lange (ca. halber Tag) nichts mehr von Paul gehört. Bin ich hier überhaupt richtig? Abgelenkt vom pieselnden Spanier. Da ist wieder dieses große, überwältigende und doch schwammige Gefühl der Glückseligkeit und Gemeinschaft. Dennoch will ich mich auch an die Details erinnern. Das muss man von einem Schriftsteller erwarten können. Dass er seinem Metier treu bleibt und produktiv tätig ist. Ansonsten könnt ich auch jedes Mal schreiben: »Was für ein schöner Morgen.« Aber auch immer nach links und rechts gucken, wenn man die Straße überquert. Vorsicht ist doch immer noch die Mutter der Porzellankiste.


Ach, und Roger: Am Ende hat er versucht, mir mit einem Mittelding aus französisch und spanisch einen guten Weg zu wünschen. Erstes Mal, dass ich ein kleines Anzeichen von Unsicherheit bei ihm gesehen hab. So ein sympathischer Moment. Und dann schein ich sein Wesen doch erst am Ende ein Stück besser verstanden zu haben. So ein guter Mann. Man merkte auch sofort, dass er schon mehr als 1000 Sachen gesehen hat und dann sagte Jenny mit einem Lachen: »Er ist immer noch so neugierig.«


Enjoy the little things in life. Like a beer with an old irish friend.

 

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