31. Wandertag

Auf dem Weg von Aroue nach Ostabat. Füße halten. Gestrige Nacht wieder ein Orchester aus drei Schnarchern. Aber das ist schon okay. Nur kotzt es mich schon wieder an, dass ich heut morgen nicht meiner eigenen Nase gefolgt bin und einfach losgewandert bin. Stattdessen hab ich mir draußen die Beine in den Bauch gestanden und bin dann nach 20 Minuten doch alleine losgegangen. Sind nur 20 Minuten, schon klar. Aber ich ärger mich einfach über die negative Spirale, die das Warten in Gang gesetzt hat. Zieh deinen eigenen Striemel durch, dann sind alle, insbesondere ich, viel glücklicher. Nun schreib ich hier mit so einem lachhaften Stiftchen, der mir dauernd in der Hand verrutscht, nur weil Paul gestern meinen Kulli an ein kleines Mädchen weggeschenkt hat. So ein alter Sack! Jetzt eier ich hier mit so einem filigranen Wichsgriffel rum. Naja, 24,5 km vor mir. Wird schon schiefgehen und irgendwas wird sich schon ergeben.


Ich muss grad an Bußmann denken. Was der alte Kamerad wohl mittlerweile macht? Ich erinner mich noch an die eine Begebenheit, wo er begriffen hatte – zumindest für einen kurzen Moment –, dass unsere Frotzeleien gar keine Rolle spielten und er so furchtbar freundlich war. Er hatte uns komplett ausgesperrt. Da wollt ich mich bei ihm entschuldigen und hätt es auch fast getan. Der war mir doch mit der liebste Kamerad, wie er da immer lässig seine Kippen im Mundwinkel durchgezogen hat. Bußmann, Doyen, Döring, Bender, Drescher, Büning, Ahlbeck, Conan, Friedrich, Buck, Detzel. Mehr Namen fallen mir leider nicht mehr ein. Aber was die jetzt wohl alle machen? Da waren auch welche dabei, die kamen aus den entlegensten Winkeln Bayerns. Ahja, und die beiden Erdmann's natürlich. Der eine groß und lustig, der andere von der Müritzer Seenplatte. Ach ja, und Faude. Das war noch in Plön, bevor wir in Bayern stationiert waren. 1. Zug, 76er, Marinesicherungsdienst. Dann war da natürlich noch der Tod von Alexander Berg. Absolut unverantwortliches Verhalten der Vorgesetzten. Spätestens, als wir beim Tragen eines angehenden Zeitsoldaten Rotz und Wasser heulten, hätte man uns austauschen müssen. Ich erinnere mich auch noch daran, dass wir kein Wasser trinken durften. Zumindest am Anfang nicht. Als wir die Bahre (oder diese Plane) trugen, da weiß ich es nicht mehr genau. »Remember Berg«. Mein erster Widerstand mit Stift an die Kloinnenwand geschrieben. Wie da das große Rätseln im Zug um sich ging. Und wie vorsichtig ich war, um das Risiko klein zu halten. Ich hab schön mein Maul gehalten. Ich war ganz stolz auf meine Verwunderung. Wie komisch das Leben spielt.

 

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