15. Wandertag

Auf dem Weg von Pasturat in das mächtige, allgewaltige und sagenumwobene Cahors, von dem alle sprechen. Heute soll wieder die 30er Marke (Grad) geknackt werden. Richtig schöner Abend gestern. Am Pool Beine reingehalten und zwei Biere gesüffelt. Zum Abendessen dann eine Art »Cahors-Wein« gereicht. Mit Cassis und Nusslikör angemischt. Und wenn die Flasche alle war, hat der Wirt gleich eine ganze Neue wieder hingestellt. Gläser waren immer gefüllt. Gespräche auf deutsch, französisch und englisch. Genau das möchte ich. Unglaublich gesellig. Einfach ein toller Moment, schwierig in Worte zu fassen. Ich träume wieder: Von einem gealterten Herrn Hüsing und einem schmerzhaften Abschied von Frau Audörsch. Gestern mal geguckt, ob ich den Unterschied zwischen Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft noch herleiten kann. Geht noch ganz gut. Hat ja auch oft trotz Stress Spaß gemacht. Ich seh den Mond (fast plaine lune) grad hoch am Himmel stehen. Hier ist alles so fern. Probleme und Alltagssorgen. Wenn man sich mal daran gewöhnt hat, wunderschön. Heute morgen zwar kurz Puls hochgegangen, als die eine Herberge complet war, aber das sind Probleme von bedeutend kleinerem Maßstab. Das Leben ist gut zu mir in diesem Moment. Ich höre Vögel singen. Manchmal kommt ein Auto vorbei. Abends immer gutes Essen. Irgendwo rauscht das Wasser und über mir ein Flugzeug am Himmel. Gestern übrigens Schlange gesehen, mindestens einen Meter lang. Das Leben kann man annehmen und ich kann noch ein großes Stück weiterlaufen. Übrigens hatte ich vergessen, niederzuschreiben, dass ich in Sauliac-sur-Célé (La coeur de sens) das angenehmste Trockenscheißhaus benutzt hatte, das man sich nur wünschen kann. Alles roch nach frischer Holzspäne. Man hätte den ganzen Tag darauf sitzen können. Naja, nun muss ich langsam mal schneller werden.


Und war es jetzt nur ein Traum, aus dem ich grad aufwache? Ist es wirklich so, dass ein paar Unterhaltungen auf englisch alles zerbröseln, was ich auf meinen Märschen ersponnen habe? Es graust mir davor. Ich will nicht englisch. Ich will nicht, dass alles im alten Trott läuft. Und siehe: Ich habe es in der Hand, zu entscheiden, wo ich meinen Tritt aufsetzen will. In einigen Dingen werde ich nicht lassen. Denn viel wurde mir genommen und viel musste ich loslassen. Nicht jedoch hier. Julie über alle Berge. Meinetwegen. Frankreich schon halb durchschritten. Meinetwegen. Aber es ist der Wille, der formt. Und nicht die äußeren Umstände, die den Willen kneten. Man wird Mittel und Wege finden, um französisch zu lernen.


Ich habe so viele tolle französische Menschen kennengelernt.

 

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