Jakobsweg

7. Wandertag

Espalion – Heute war ich in der Kirche in St.-Côme-d'Olt und hab Gott gefragt: Was mach ich jetzt? Ich finde, das war schon mal eine gute Frage für den Anfang. Eine wichtige Frage. Darauf kann man aufbauen. Es ist ein Steigeisen im glatten Granit der Wand aus grauem Einerlei. Es ist noch zu früh, als dass es auf dem Herzen brennt. Aber es ist ein Anfang.

Auf meinem Weg nach Golinhac. Ich versuch heut mal im Gehen zu schreiben, was eigentlich eine gefährliche Sache ist. Aber der Untergrund ist eben, da kann man das mal machen. Eben ein japanisches Ehepaar begegnet und ein bisschen Small-Talk gehalten. Was man halt so macht. Ich versuch jetzt die Gedanken zeitnah festzuhalten, wann immer sie kommen. Ich versuch mal, ein paar Fragen zu formulieren: Was erwarte ich mir von dieser Reise? Was will ich danach machen? Bist du enttäuscht? Was ist, wenn die Reise gar nichts bewegt, sondern – wie immer – einfach nur nett ist?

Das Wichtigste ist doch, dass wir alle an etwas glauben. Daran, dass etwas oder jemand dort draußen ist. Egal, wie groß die Zweifel sind. Im Gegenteil: Je größer die Zweifel, desto menschlicher. Der Glaube macht die Menschlichkeit aus. Dann spürt man, dass da jemand ist, der ist wie du. Wenn du an gar nichts glaubst, was bist du dann außer einem Stück Hackfleisch in der Weite des Alls?

Aber bis jetzt hab ich hier noch niemanden getroffen, mit dem ich mich auf Anhieb wohl gefühlt hab. Marzia, Caleb, Georg, Lina. Bis jetzt noch nicht. Kann natürlich noch kommen, aber bis jetzt noch nicht.

Das fühlt sich irgendwie nach Arbeit an. Urlaub sieht jedenfalls anders aus. Es gibt hier einfach eine großartige Küche. Trotzdem fühle ich mich gefangen in einem fremden Land, in dem mich niemand versteht. Es tut mir auch furchtbar leid: Aber überall sieht man alte französische Säcke. Rentner und nochmals Rentner. Ich fühl mich halt nicht verstanden. Das ist alles ganz furchtbar. Nur der Körper macht noch einigermaßen mit, soweit ich das beurteilen kann. Alles scheiße irgendwie.