62. Wandertag

Auf dem Weg von Arzúa nach ziemlich dicht dran an Santiago. Regen in verschiedensten Ausprägungen, aber auch unterbrochen von kurzen, regenfreien Verschnaufpausen. Gestern ordentlich Pulpo (diesmal gekocht) mit Paprika und Olivenöl mit den spanischen Senors gegessen. Dazu zwei Flaschen Wein. Ein sehr schöner Abend. Auch schön, wie wir in der Dunkelheit und im leichten Nieselregen in die Albergue gelaufen sind. Serafin hat ja eh immer was zu erzählen. Ein Abend der Entspannung. Alors, und mittags dann mit Valentine, Edoardo, der Australierin, dem US-Amerikaner und seinen Eltern Pizza und Spaghetti gegessen. Auch wieder so eine Sache, die mir schwer fällt: Ich hatte eigentlich schon alle Personen außer Valentine als entweder uninteressant oder hochnäsig eingestuft. Und dann kommt man mit denen in Kontakt, erfährt im Großen oder im Kleinen die Hintergrundgeschichten und dann sind doch wieder alle nett. Bedurfte aber Anstoß von dritten Personen (Valentine, die mich eingeladen hatte, mitzuessen). Das ist echt harte Arbeit, diese Schubladen zu überwinden. Da hab ich ein schweres Gefühl im Magen. Selbst für diesen kleinen Eintrag muss ich mich überwinden. Das nennt man dann wohl »Baustelle«.


Dass Valentine nun aber introvertiert sein soll, nehm ich ihr nun wirklich nicht ab. Ebensowenig, wie Pleun extrovertiert sein soll. Absolute Fehleinschätzung der beiden.


Wenn ich jetzt Edoardo in der Dusche höre, wie er die Musik tierisch laut aufgedreht hat, so geht mir eine Sache durch den Kopf: Wir sind morgen im gottverdammten Santiago, bitches. Ease up and have a little fun.


Noch rasch ein paar Zeilen formuliert, bevor hier irgendwer das Licht ausknipst. Finger weg von vergebenen Fräuleins. Hau bloß ab mit dem shit. Im Übrigen habe ich heute die zweite Runde Schach auf dem Camino gespielt. Gegen Edoardo. Absolute Herausforderung. Beide Seiten machten dumme Fehler. Am Ende Aufgabe seinerseits. Dann noch mit Valentine und den anderen gegessen. Mordstruppe. So ganz gehen lassen kann ich mich da immer noch nicht, aber ich komm nah ran. Scheiße, Leute. Morgen geht's nach Santiago. 10 km. Das sind vielleicht 2 1/2 Stunden. Meg seh ich auch noch mal wieder, was man so munkelt. Und bei Gott, ich werde morgen mein Glas Vino auf Oma trinken. Möge sie ewig leben. Morgen sollte ich im Übrigen noch 'ne Schachtel Kippchen kaufen. Adios, des camerades.

Zurück zu 61. Wandertag               Vor zu 63. Wandertag